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Die Naturhöhepunkte rechts und links des Rheins

Schwarzwald Schliffkopf
Schwarzwald Schliffkopf

Vater Rhein prägt wie kein anderer Strom unser Heimatland. Er ist wohl der deutscheste aller Flüsse – mit einer großartigen Geschichte. Aber auch wundervollen Natur. Nicht nur seine direkten Ufer und Auen, sondern auch seine Seitenflüsse, von ihm durchströmte und geformte Gebirge und zu Seen aufgestaute Abschnitte bieten Mensch und Natur lebenswerten Raum. Seine Naturhöhepunkte kann man auf einer Reise von den Niederlanden bis zum Bodensee in gut und gerne zwei Wochen erleben. Dabei kann der aufmerksame Naturfreund, Fotograf oder Ornithologe so spannende Geschöpfe wie Eisvogel, Ziegenmelker, Fichtenkreuzschnabel, Wiedehopf, Bienenfresser neben Gelbbauchunke, Smaragdeidechse oder Ringelnatter auf einer einzigen Reise durch den Südwesten Deutschlands entdecken.

Ahrtal, Mayschoß
Ahrtal, Mayschoß
Eisvogel, @Stefan Manigatterer

Und durchstreift dabei so extrem unterschiedliche Landschaften wie die sandigen Flussdünen an der Maas, die artenreichen Auwälder des Niederrheins, felsige und malerische Mittelgebirgstäler mit dem UNESCO Welterbe Oberes Mittelrheintal, dem Inselrhein bei Bingen, den Hochschwarzwald über Baden-Baden, den vulkanischen Kaiserstuhl und malerischen Mindel- sowie Bodensee. Geführt und in Gruppe, zusammen mit einem Naturreiseleiter, ist die Orientierung und das Finden der Tiere und Pflanzen, also das Verstehen der Lebensräume, sicher einfacher. Grundsätzlich kann diese wohl einmalig abwechslungsreiche Reise auch als Selbstfahrertour durchgeführt werden. Vielleicht braucht man dann zwei bis drei Tage mehr Zeit.

In fünf Schritten den Rhein besteigen

Doch beginnen wir im sogenannten Urstromtal von Rhein und Maas, am Niederrhein oder eher an der niederländischen Grenze. Landschaftlich sind Rhein und – ohne diese damit degradieren zu wollen – sein Nebenfluss die Maas, eine Einheit. Geformt durch die Eiszeiten. Sand, Kies und Geröll ohne Ende. Heute zumeist mit Grün obendrauf. Doch nicht überall!  Und genau diese Stellen, sandige Flussdünen im Nationalpark Maasduinen, können hier erwandert werden. Waldeidechse und Baumfalke sind hier Zuhause. Pfeifengras, Kiefer und Faulbaum häufige Gehölze. Nur einen Kanonenschuss entfernt von der deutschen Grenze liegt die Maas; das genau war mal die Maßgabe. Noch einen Kanonenschuss entfernt, weiter Richtung Osten, da liegt dann der Rhein und hier finden sich beim Römerstädtchen Xanten dann auf den „Bislicher Inseln“ geschützte Auwälder. Perfekt ist hier die Infrastruktur für Vogelfans und Co.: Wanderwege, ein Infozentrum mit Café und Beobachtungshütten an vielen die Tiere nicht störenden Stellen bieten auch bei durchwachsenem Wetter beste Möglichkeiten für das Naturerlebnis.

Um zentral und angemessen auf dieser ersten Station der Naturreise rheinaufwärts zu logieren, wählt man am besten das Hotel Schloss Wissen bei Weeze. Gute Gastro findet sich im nahen Wallfahrtsort Kevelaer zum Beispiel im „Alt Derp“ Haus Stassen, „Goldener Schwan“ Familie Dicks oder „Zum Einhorn“ Familie Scholten. Die nächste Etappe oder Station liegt knapp zwei Autostunden im Südwesten. Das Ahrtal. Dieses felsige, sonnenreiche Seitental des Rheins ist untrennbar mit dem Rotweinanbau verbunden. Genau dies macht seinen Reiz aus: Kleinflächiger Weinanbau mit vielen Hecken. Immer wieder offenliegende Felspartien oder Brachflächen, gerade in höheren Lagen Traubeneichen und Hainbuchenwälder. Im Tal das Flüsschen Ahr. Der Fluss mit dem größten Gefälle in Deutschland: Von der Mündung in den Rhein beim kriegsgeschichtsträchtigen Remagen (53 Meter über der Nordsee) bis zur Quelle in Blankenheim sind es nur 85 Flusskilometer, aber über 420 Höhenmeter.

Und sie ist wild: So finden sich hier Eisvogel, Wasseramsel und Flusskrebs in guten Beständen. Felsige Weinhänge sind das Habitat der sonst viel südlicher angesiedelten Zippammer. Und, klar, auch Mauereidechsen finden Naturbeobachter hier an sonnigen Tagen in Mengen!

Eine gute Unterkunft direkt am Fluss und in der Ahr-Schlucht ist der „Sänger“ in Marienthal. Reiche Gastro-Vielfalt findet der Nahrungssuchende im nahen Ahrweiler im historischen Zentrum.

Die Mitte des Rheins: Ein Strom gräbt sich in die Landschaft

Ähnlich, nur alles „in Groß“, das ist dann das Obere Mittelrheintal. Seit einigen Jahren UNESCO Welterbe. Nur einige Kilometer, ein Stündchen vom Ahrtal entfernt, startet man seine Safari rechtsrheinisch ab Koblenz. Immer direkt am Ufer vom Vater Rhein. Überholt dabei die Frachter und Kaffeedampfer. Wird überholt von Fracht- und Personenzügen. Das Rheintal ist die traditionelle und schon seit den Römern bekannte Nord-Süd-Verbindung in Westdeutschland. Weinanbau, hier eher der Weiße, immer wieder Ortschaften, die vom Ausflugstourismus und der Weinverkostung leben und eine spannende Szenerie eines sich durch ein Mittelgebirge fressenden großen Stromes mit zum Teil fast senkrechten Felswänden. Bekanntester ist wohl die Loreley. Da, wo eben noch was wächst, wo soeben noch ein Winzerfuß Halt findet, wird Wein kultiviert. Dichter und Denker haben diese Landschaft häufig angebetet, der Wanderer und Genießer findet hier heute 1001 weltlichere Möglichkeiten: Zum Beispiel Langstreckenwandern auf dem bekannten Rheinsteig.

Das Tal öffnet sich dann erst wieder bei Bingen und dort empfiehlt sich für den Naturfreund eine Exkursion an den Inselrhein. Flussinseln aus Kies bieten Nistmöglichkeiten für zahlreiche Wasservögel, Störche finden Frösche in den feuchten Wiesen und in den Auwäldern ruft der Vogel Bülow, der Pirol.

Kaiserstuhl, Weinberge, @bianca
Kaiserstuhl, Weinberge, @bianca

Wer hier im Bereich des Mittelrheins übernachten will, findet die besten Angebote in Koblenz oder Bingen. Aber dieses Highlight kann auch eben an einem Reisetag aus dem Ahrtal heraus dann bis zur abendlichen Endstation Baden-Baden erlebt werden. Unweit südlich von Baden-Baden, immer mit Blick bis in das Rheintal und darüber hinaus in die Vogesen, befindet man sich schon in den Hochlagen des Nordschwarzwaldes. Hier auch „Grindenschwarzwald“ genannt.

Die Gebiete rechts und links der Schwarzwaldhochstraße sind Refugien für subalpine Arten wie Auerhuhn, Raufuß- und Sperlingskauz, Tannenhäher, Ringdrossel und Zitronenzeisig. Auch Schwarz- und Dreizehenspecht leben hier. Ebenso Fichtenkreuzschnabel und zur Zugzeit auch Steinschmätzer, Bergpieper und Bergfink. Aber auch Landschaftsfreunde kommen hier auf ihre Kosten: Durch Weidewirtschaft hat es im Bereich der Kuppen große Freiflächen mit skurrilen Wacholdern, urigen Krummholzkiefen und blühenden Bergwiesen. Mit rund 1000 Meter Meereshöhe befindet sich der Besucher zwar noch rund 600 Meter unterhalb der Baumgrenze, aber eben durch den Einfluss der Wirtschaftsform „Extensivbeweidung“ und auch durch die exponierte Kuppenlage mit ihren scharfen Winden kommt es hier zu keiner geschlossenen Waldbildung.In der Kurstadt Baden-Baden gibt es Unterkünfte aller Couleur und so möchten wir keine besondere Empfehlung aussprechen.  

Urwald mitten in Europa

Es geht nun aus dem Schwarzwald zurück in das Rheintal. Die folgende Etappe sind das wunderbare Naturschutzgebiet Taubergießen und der Kaiserstuhl.1440 Recht schnell, knapp in 1,5 Stunden, nach 117 km, gelangt man dann bei Kappel und in das berühmte Schutzgebiet im Feuchtwald. Es handelt sich um eine der letzten intakten Auenlandschaften Deutschlands. Das Gebiet ist von einem dichten Gewässernetz durchzogen und zeigt die Habitate Auwald und Auwiese. Nur wenige Kilometer südlich liegt der Kaiserstuhl. Die wärmste Gegend Deutschlands! Rund 350 m ragen die Reste des tertiären Vulkanes aus der Rheinebene heraus. Hier im Regenschatten der Vogesen konnte sich eine ganz spezielle Kulturlandschaft entwickeln.

Hier leben Ringelnatter, Zauneidechse und Wasserfrosch. Biber und Baumfalken. Und sogar ein guter Bestand des Mittelspechtes. Im Sommer „mästen“ sich hier die mit der Brut fertigen Bienenfresser. Auch bei Orchideenfreunden hat dieses Schutzgebiet einen großen Bekanntheitsgrad und so kann man sich während dieser Tagesexkursion und Wanderung auf viele Fotomotive freuen. Und wer es etwas abenteuerlicher mag, kann hier eine Stocherkahntour von rund zwei Stunden buchen. Ganz andere Perspektiven tun sich so auf!

Ein Vulkan in Deutschland

Kleinräumige artenreiche Streuobstwiesen wechseln in dieser Mittelgebirgslandschaft mit Weinlagen und Gebüschen. Bienenfresser und Wiedehopf sind die Charaktervögel. In Frühling sind sie im Brutbetrieb und die Bienenfresser hoffentlich an den Bruthöhlen anzutreffen. Der Wiedehopf ist zumeist durch seinen Ruf zu finden …

Smaragdeidechse, © N. Kreidenweiss
Smaragdeidechse, © N. Kreidenweiss

Weiter dürften hier Smaragdeidechse, Neuntöter und mit Glück Zaunammer und Wiesenpieper gesichtet werden. Bekannt ist der Kaiserstuhl aber auch bei Entomologen, weil hier einige südliche Arten ihren nördlichsten Verbreitungsort haben. Den geologisch interessanten Orten wie die Hohlwege im Löß oder stillgelegte Steinbrüche sollte der Besucher auch seine Zeit widmen. Der Reisende wohnt gut und preiswert im Hotel Zum Adler in der Nähe von Breisach.

Perlen des Südens

Die finale Station dieser Reise rheinaufwärts wir nun angesteuert. Und es besteht dabei (unterwegs Richtung Konstanz) die Möglichkeit, sich den südlichen Hochschwarzwald anzusehen: Titisee und Donaueschingen sind lohnende Stopps. Nach nur zwei Stunden landschaftlich sehr schöner Fahrt und rund 140 km erreicht man den kleinen, hübschen Mindelsee.

Dieser ist das Gebiet, das Gewässer mit der höchsten Brutvogelartendichte hier im Süden Deutschlands (u a Flussseeschwalbe, Lachmöwe, Trauerseeschwalbe). Umwandern sie in rd. 9 km den See und achten dabei, wenn sie schon zur Mauser da sind, auf Moorenten (ab August). Bestimmt aber findet man Kolbenente und Zwergtaucher. Oft auch sogar Fischadler. Mit Sicherheit aber eine liebliche Seelandschaft mit ausgeprägten Röhrichten und Blumenwiesen. 

Mindelsee Badestelle
Mindelsee Badestelle

Am Ufer im Wald gibt es eine der schönsten Badestellen im Süden überhaupt. Mit winziger Liegewiese und Holzsteg. Ohne Eintritt und „Bademeister“! Es geht doch! Der Mindelsee befindet sich nur wenige Kilometer von Konstanz (sprich: Konschtanz). Hier quartiert man sich zum Abschluss bestenfalls im Hotel Steigenberger ein. Im Zentrum der Bodenseemetropole, auf einer Insel und in historischem Gebäude direkt am See gelegen. Mit Blick auf die freizügige Imperia und vorbeiziehende Haubentaucher. Wenn hier zwei Nächte veranschlagt werden, dann sollte für Naturfreunde der Nächste Tagesauslug in das Wollmatinger Ried führen.

Das 767 Hektar große Naturschutzgebiet bietet gerade im Winter ein ideales Revier für die Überwinterung von zehntausenden Wasservögeln. Aber auch im Frühjahr dürfen viele Tiere erwartet werden. Vielleicht sehen sie Schwarzhalstaucher oder Löffelente? Sollte im See das Wasser niedrig stehen, dann ist dieses Gebiet durch die trockengefallenen Bereiche des Ufers für Limikolen ein „Schlemmerparadies“. Weitere Möglichkeiten, das Seeufer und seine Bewohner zu studieren, gibt es in Radolfzell. Weiter und nach kurzer Fahrt über den Damm, sollte man sich auf der Insel Reichenau umsehen und könnte dann auch noch den sogenannten Konstanzer Trichter (westlichster Teil des Bodensees) auf Deutscher und Schweizer Seite nach “Federn” absuchen. Gerade im Winterhalbjahr lohnend. Oder genießen sie bei dieser Art von “Promenadenwandeln” einfach die tolle Sicht über den größten See Deutschlands. 

Mittelrheintal Braubach
Mittelrheintal Braubach

Es muss nicht immer Costa Rica oder Spaniens Extremadura sein, um viel und abwechslungsreiche Naturschönheiten zu entdecken. Auch in Deutschland sind Echsen, Unken, exotisch anmutende Vögel und schönste Orchideen zu finden. Viele Gebiete kennen sie schon? Sind aber bisher am Bienenfresser und Krummholzkiefer vorbeigewandert? Nehmen sie diese Tipps gerne zur Hilfe oder fragen sie nach einem Platz auf unserer geführten Rundreise.

Ein Gastbeitrag von Sabrina und Stephan Martens. Mehr interessante Stories über Naturerlebnisreisen finden Leser auf dem Reiseblog die-naturreise.de

Sabrina & Stephan Martens
Sabrina & Stephan Martens

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Radfahren Schloss Moyland Niederrhein © Dominik Ketz, Tourismus NRW E.V.

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